A Rep. 000-02-01Findmittel (Image)

Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin

Auf der Grundlage der preußischen Städteordnung vom 19. November 1808 wählten die wahlberechtigten Bürger Berlins vom 18. bis 22. April 1809 erstmals 102 Abgeordnete der Stadt Berlin. Die Versammlung konstituierte sich am 25. April und begann umgehend mit der Bildung eines Magistrats und der Wahl von Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters, der dann durch den König ernannt wurde. Mit einem feierlichen Gottesdienst in der Nikolaikirche am 6. Juli 1809 wurden die neuen Körperschaften von Legislative und Exekutive in ihre Ämter eingeführt.
Die Amtszeit der Stadtverordneten war zunächst auf drei Jahre begrenzt, wurde Mitte des 19. Jahrhunderts aber auf sechs Jahre festgelegt. Die Wahl erfolgte aufgrund eines Zensuswahlrechts, ab 1850 nach dem Dreiklassenwahlrecht. Die Rechte der Versammlung gegenüber dem Magistrat und den Behörden der Staatsaufsicht waren beschränkt. Die Stadtverordnetenversammlung konnte durch königliche Verordnung suspendiert, aufgelöst und die Neuwahl anberaumt werden. Während die Städteordnung von 1808 die Beschlussgegenstände der Stadtverordnetenversammlung nicht genauer bestimmte, legte die Gemeindeordnung von 1850 diese ausdrücklich auf Gemeindeangelegenheiten fest. Die revidierte Städteordnung von 1853 untersagte (nach den Erfahrungen von 1848/49) sogar die Beratung anderer Themen, soweit nicht ausdrücklich ein gesetzlicher Auftrag vorlag. Die letztendliche Genehmigung des Etats oblag der Provinzialregierung in Potsdam.
Die Stadtverordneten konnten über gemischte Deputationen und Kommissionen direkt an den Exekutivaufgaben teilnehmen. Diese blieben aber dem Magistrat, insbesondere dem Oberbürgermeister, unterstellt. Dabei war es der Stadtverwaltung überlassen, für welche Verwaltungsangelegenheiten Deputationen gebildet wurden.
Am 20. Juni 1920 wurde erstmals nach bürgerlich-demokratischem Wahlrecht eine Stadtverordnetenversammlung für die neu zu bildende Gemeinde Groß-Berlin gewählt. Infolge des "Gesetzes über die vorläufige Regelung verschiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechts für die Hauptstadt Berlin" vom 30. März 1931 verlor die Stadtverordnetenversammlung einen Teil ihrer Funktionen an den neu gebildeten Stadtgemeindeausschuss. Zugleich mit den Bezirksverordnetenversammlungen wurde sie am 2. Februar 1933 aufgelöst und am 12. März neu gewählt, blieb jedoch durch die rasch folgenden Parteienverbote und -auflösungen faktisch arbeitsunfähig und wurde zum 15. Juli 1934 formell aufgelöst.
Die Geschäftsführung der Stadtverordnetenversammlung oblag dem Vorsteher (Vorsitzenden), seinen Stellvertretern und Beisitzern. Für Sachfragen wurden ständige oder besondere Ausschüsse gebildet. Zunächst gab es weder für Tagungen noch für das Büro ein festes Quartier. Wohnungen mussten ebenso genutzt werden wie zeitweise das Palais des Prinzen Heinrich oder die Börse. Im Oktober 1822 erhielt die Versammlung eine dauerhaftere Unterbringung im Köllnischen Rathaus. 1870 nahm sie im neuen Berliner Rathaus ihren Sitz. Seit 1847 tagte die Stadtverordnetenversammlung auch öffentlich.
Eine Überlieferung von 12.000 Bänden wurde dem Stadtarchiv im April 1929 durch das Büro der Stadtverordnetenversammlung übergeben. 1944 erfolgte die Verlagerung dieses Bestandes nach Schlesien (Schlösser Petermanke und Goray) und Mähren (Schloss Jannowitz). Die Rückführung in den Jahren 1952 und 1962 blieb unvollständig.

Enthält:
Wahlen, Zusammensetzung und Organisation.- Geschäftsordnung.- Vorlagen und Sitzungsberichte (1809-1933).- Ratsherren- und Ausschussverhandlungen (1934-1938, 1942).- Stadthaushalt (1809-1920).- Statistiken und Verwaltungsberichte.- Magistratsmitglieder und städtische Beamte (allgemeine Rechtsfragen und Personalia).- Organisation der Registratur der Stadtverwaltung, des Stadtarchivs, der Rats- und Stadtbibliothek sowie des Märkischen Provinzialmuseums.- Deputationen.- Entwicklung des Stadtgebietes (u. a. Eingemeindungen, Abbruch der Stadtmauer).-Denkmäler.- Feierlichkeiten.- Feuersozietät.- Gerichtswesen.- Heime, Hospitäler und soziale Stiftungen.- Gemeinnützige Vereine und Institute (u. a. Friedrich-Wilhelms-Universität, Armenspeisungsanstalt).- Märkte (u. a.: Markthallen).- Öffentliche Ordnung (u. a. Volkszählungen, Meldewesen, Litfasssäulen, Bade- und Bedürfnisanstalten, Lebensmittelaufsicht, Seuchenschutz, Prostitution).- Stipendien.- Gesundheitswesen (u. a. Hebammen, Cholerabekämpfung, Krankenhäuser, Rettungswesen, Säuglingsfürsorge, Bestattungswesen, medizinische Gesellschaften).- Wasserwege und Verkehr (u. a. S- und U-Bahn).- Wasserversorgung.- Straßen, Plätze und Brücken A-Z.- Kirchen- und Religionsfragen (u. a. Kirchenbau, Friedhöfe).- Schulen (u. a. Spezialia zu Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, höheren Bürgerschulen, höheren Töchterschulen, Gemeindeschulen, Armenschulen).- Armenpflege und Fürsorge (u. a. Charité, städtische Heil- und Pflegeanstalt Buch, Erziehungsheime).- Militärwesen (u. a. Bürgerwehr, Bürgergarde, Landwehr, Mobilmachung, Invalidenpflege, Servis und Einquartierungen).- Kassen-, Rechnungs- und Steuerfragen (auch: Einzeletats städtischer Einrichtungen).

Erschlossen: 3309 [AE] 132.45 [lfm]
Nicht erschlossen: 0.30 [lfm]

Laufzeit:
(18. Jh.) 1809 - 1934 ( - 1943)

Benutzung:
Datenbank, FindbuchFindmittel (Image)

Verweise:

-> LAB A Rep. 001-02 Magistrat der Stadt Berlin, Generalbüro
-> LAB A Rep. 001-03 Magistrat der Stadt Berlin, Hauptwahlamt

Literatur:
-> Beständeübersicht Stadtverordnetenversammlung (vor 1945). In: Beiträge, Dokumente, Informationen des Archivs der Hauptstadt der DDR 1 (1964), S. 61 f.
-> Geschäftsordnung für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin vom 2. Dezember 1915, Berlin 1916.
-> Dass. v. 25. Oktober 1923 mit Änderungen v. 1926.
-> Jebens, A. W.: Die Stadtverordneten. Ein Führer durch das bestehende Recht, zunächst durch die Preußische Städteordnung für die östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853, 2. neubearb. Aufl., Berlin 1905.
-> Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Mitgliederverzeichnis, gedr., für die Jahre) 1917, 1921, 1922, 1926-1932).

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